en howling dogs (09/2012)

Multiple Choice-Textadventure ★★★★★★★☆☆☆   [?]
von Porpentine
Publisher:keine

Ein Patient wird am Leben gehalten, in Erinnerungen fließen Traum und Realität ineinander.

Der mehr poetische Beitrag erreichte auf der IF-Comp 2012 den 11. von 28 Plätzen und erhielt für die größte Standardabweichung der Votings die Golden Banana of Dischord. Er wurde auf den XYZZY Awards 2012 mit zwei Oskars für Best Writing und Best Story ausgezeichnet.

Review von stadtgorilla 13.10.2012
Review von proc 07.10.2012

Plattformen:Twine, Online
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Spoiler:
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Review von proc 07.10.2012     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Ein schwieriges CYOA aus der Grauzone interaktiver Literatur, das mehr als literarischer Versuch denn als Spiel zu werten ist. Es geht um einen nicht näher beschriebenen Akteur, der in einem nicht näher beschriebenen Hospital am Leben erhalten wird und nur über einen besonderen Raum mit Liege und Visor Zugang zu einer traumartigen Realität hat. Das Spiel beginnt mit dem Zitat aus einem Roman des japanischen Literaturnobelpreisträgers  Kenzaburō Ōe, das den Autor auch zum Titel inspirierte:

»Eines Morgens in der Dämmerung schüttelte die Krankenschwester ihn wach, weil sein Schluchzen im nächsten Zimmer gehört wurde. Einmal erwacht konnte er hören, dass nicht nur der Patient im nächsten Zimmer von seinem Schluchzen bedroht gewesen war, sondern auch die zweihundert Hunde, die im Hospitalhof zur Verwendung im Labor gehalten wurden und noch vernehmbar geheult hatten; gleichwohl, dachte er sich, träume ich nur, außerdem bin ich mir schon vollständig über den Stellenwert dieser heulenden Hunde bewusst, weil ich über sie geschrieben habe, dies ist keine Zeit für heulende Hunde.«

Wow. Ich habe lange über dieses Spiel gerätselt, weil es sich in passagenweise recht witziger Form mit einem Zustand zwischen Traum und Realität beschäftigt, etwa in einer langen Bankettszene mit an die zwanzig anklickbaren Statements, die bis auf eines immer nur How interesting! liefern, aber kein wirkliches Ende hat. Letztlich war für mich dieses Eingangszitat der Schlüssel: Kenzaburōs geistig behinderter Sohn Hikari prägte seit 1963 dessen schriftstellerisches Werk, denn er wurde in einer Nachkriegsgesellschaft Mittelpunkt seines Lebens, in der die Geburt eines geistig behinderten Kindes als Fluch gesehen wurde. Vogelstimmen auf einer Tonbandaufnahme weckten Hikaris einzige Ausdrucksform nach außen, die Musik. ( Vgl. Zeit 20/2006.) So kreisen Kenzaburōs Geschichten immer wieder um die Themen der inneren Realität und einer als Traum empfundenen äußeren, deren schmale Brücke etwa die Laute heulender Hunde im Hospital sein können. Das Interessante an dieser Twine-Geschichte sind die vielen CYOA-unüblichen Ausdrucksmöglichkeiten wie abstrakte Bildeinblendungen, die sich nach einer Art von Einheit zwischen Form und Inhalt anfühlen. Meiner Meinung nach hätte ein parsergesteuertes Spiel besser zu einem solchen Thema gepasst, das aber nun auch nicht neu ist und beispielsweise in The Blind House auf der letztjährigen IF-Comp eine Rolle spielte, dort jedoch mit weitaus größerem Aktionsradius für den Spieler.

Das ist auch die einzige Kritik am Spiel: es kreist auf (fast) immer gleiche Weise um traumartige Realitäten, die aber mehr Projektionsfläche für den Spieler sind denn Erzählung. Man erreicht nie etwas außer sich am Leben erhalten zu können und ist am Ende nur kärglich befriedigt über die beiden möglichen Ausgänge. Porpentine hat aber Twine bis zur Grenze des Möglichen ausgekundschaftet, technisch ist howling dogs für ein CYOA hervorragend gemacht und literarisch wirkt das Spiel ebenfalls beachtlich.

Fazit: Interessante Erfahrung in handwerklich exzellent gemachter interaktiver Literatur, die weniger Spiel sein will; mehrfach jeweils in einer guten Viertelstunde spielbar, die schwierige (vermutete) inhaltliche Intention kommt aber nur mühsehlig rüber.

Zuletzt geändert am 07.10.2012 17:27 Uhr.

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