en Death Off the Cuff (09/2010)

Ein Krimi, der an den starbesetzten Klassiker  Eine Leiche zum Dessert erinnert: Der Spieler versucht als Monsieur Saint Germain, den Mörder des Colonels mit sechs Verdächtigen ausfindig zu machen. Eine Hotel-Lounge ist der einzige Schauplatz, Konversation treibt die Handlung voran. Der Autor parodiert mit Graf Heinrich von Carstein auch einen deutschen Verdächtigen. Beim ersten Anschein zumindest. 5. Platz auf der 16. IF-Comp 2010 und Sieger der Miss Congeniality 2010 Awards (zusammen mit Aotearoa). Die Hauptfigur wurde in der Kategorie Best Individual PC auf den XYZZY Awards 2010 ausgezeichnet.

Review von proc 14.10.2010

Plattformen:Z-Code, Glulx, iPhone App
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» Genres » Krimi » detektivisch
» Spieler-Charaktere » Detektiv
» Schauplätze » Hotel
» Technik » Konversation
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Review von proc 14.10.2010     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Nach dem Spionage-Thriller Internal Vigilance (2005) und dem von Photopia inspirierten Gesamträtsel Grief versucht sich Simon Christiansen in seinem dritten IF-Comp-Beitrag Death Off the Cuff an einem Krimi. Der Spieler sitzt als Monsieur Saint Germain mit sechs Verdächtigen in einer Hotel-Lounge, aus deren Mitte er durch geschickte Befragung und Untersuchung entdeckter Gegenstände den Mörder des Colonels entlarven soll.

Hier beginnen die Spoiler, der Mörder wird aber nicht verraten.

In diesem Spiel wird die Spielewelt statt in Räumen in Personen und deren Beziehung zueinander aufgebaut. Zu den Verdächtigen gehört der Besitzer des Seafront-Hotels James Garfield und sein Angestellter Jonathan Allington. Als Einzelgänger sitzt Shane Pearson mit gekreuzten Beinen auf der Couch in Beziehung zu Doctor Elias Mole, der neben ihr Platz genommen hat. Ultimativer Einzelgänger ist die Deutschen-Parodie Graf Heinrich von Carstein, der sich desinteressiert in einem Liegestuhl lümmelt. Hinter dem Spieler stehend scheint Detective Goodfellow zu assistieren und mit ihm eine Arbeitsbeziehung eingehen zu wollen.

Wir untersuchen also erst den ultimativen Einzelgänger-Grafen und erfahren, dass er in den frühen 60ern steckt und fast schneeweißes Haar auf dem Kopf und im Gesicht trägt. Darüber kann gesprochen werden: TALK ABOUT HAIR – er wird halt alt. T BEARD – sein deutscher Akzent schwindet, er reißt seinen falschen Bart vom Gesicht und ist plötzlich ein Mann in den Dreißigern. Das Verwirrspiel beginnt, er sei der Reporter Sylvester Starfield der London Tribune und recherchiere über die Arbeit des Colonels beim britischen Geheimdienst.

Schauen wir auf das Sofa-Beziehungspaar. Shane outet sich als langbehaart blond, sie liest einen Bestseller und ist erst einmal eine Sackgasse. Und was ist mit ihrem Sofanachbarn Mole? Ein Arzt aus London, nichts was der weiteren Untersuchung wert wäre. Nehmen wir uns dem Hotelier an. Auch er trägt einen Bart, aus dem graue und weiße Haare herauszuschauen scheinen. Hm, er scheint echt zu sein. Er hat aber einen Anzug an, dessen nähere Betrachtung eine Ausbeulung an der Hosentasche zu Tage fördert. Also doch, es ist ein Revolver. Geladen. Nachhaken erbringt, dass er früher Brian Holmes hieß und wie der ermordete Colonel beim britischen Geheimdienst arbeitete. Und das auch noch in derselben Einheit. Seitdem verspürt er Furcht und trägt immer einen 38-er zur Selbstverteidigung mit sich.

Der Beziehungsraum hat sich verändert: Der ermordete Colonel arbeitete mit dem Hotelier in einer Geheimdiensteinheit und der deutsche Graf alias Sylvester hing beiden auf den Fersten. Nun ändert sich auch die Beschreibung der Personen, dieses Schema hält das Spiel bis zum Schluss durch: Dinge werden entdeckt, erst dann kann danach gefragt werden, die Antworten ändern sich insgesamt und mit ihnen das Netz der Verwirrungen, Verwicklungen und Sackgassen.

Es ist ein interessantes und gut implementiertes Spiel mit zwei immanenten Schwächen: Die Personen müssen immer wieder neu untersucht und befragt werden, da sich ihre Beschreibungstexte und damit auch die verfügbaren Objekte ändern, über die man Konversation treiben kann. Dies ist auf Dauer anstrengend und langweilt auch, wenn man sich im Kreis dreht. Das zweite Problem liegt in der Natur dieser Spielemechanik begraben: Jemanden über etwas befragen simuliert Konversation, die aber kein wirklicher Dialog mit dem Spieler ist. In diesem Spiel ist der Aufbau immer gleich: Eine passende vorgefertigte Frage des Spielers wird ausgegeben, darauf folgt die Antwort des Befragten. Der Dialog umfasst nicht selten eine ganze Bildschirmseite. Dies macht die Geschichte zu einer Ansammlung von Dialogen, deren geringfügigste Details Bedeutung haben könnten, um weiterzukommen. Dies kann auf Dauer sehr anstrengend sein.

Insgesamt basiert Death Off the Cuff auf einer originellen Spielidee, ist auf Konversation orientiert und hat nur hier und da sprachliche Schwächen, in denen Zusammenhänge besser ohne zu viel Text auf den Punkt gebracht werden könnten. Es ist ein empfehlenswertes Spiel und auch Anwärter auf einen der vordersten Plätze der IF-Comp.

Zuletzt geändert am 14.10.2010 13:03 Uhr.

Death Off the Cuff
Cover-Artwork
Death Off the Cuff
Z-Code Release 1
Death Off the Cuff
Z-Code Release 1