en Mite (09/2010)

Textadventure ★★★★★★★☆☆☆   [?]
von Sara Dee
Publisher:keine

Die Spielerin ist eine Milbe, die dem Märchenprinzen einen Juwel zurückbringen muss, da das Gartendorf sonst weiterhin von Dieben heimgesucht wird. Eine abenteuerliche Reise durch diese Biene Maja-Welt von Spinnen, Schnecken und Schmetterlingen beginnt, die sich im Dschungel von Tulpen, Rosen oder Pusteblumen aufhalten. 6. Platz auf der 16. IF-Comp 2010.

Review von proc 11.10.2010

Plattform:Z-Code
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Spoiler:
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» Genres » Märchen
» Spieler-Charaktere » Tierischer Held
» Themen » Spiele für Kinder
» Internationale Wettbewerbe & Projekte » Interactive Fiction Competition » 16. IF-Comp 2010

Review von proc 11.10.2010     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Sarah Dees preisgekröntes Debütwerk Tough Beans (2005) kreiste noch um die dunkle Seele eines jungen Mädchens. Im düsteren Märchen Madame Spider's Web (2006) ist die Spielerin ebenfalls ein junges Mädchen, das von einer Riesenspinne als Zofe festgehalten wird. Nach vierjähriger Pause legt Sara Dee mit dem in einer Biene Maja-artigen Welt spielenden Märchen Mite (Milbe) nun ihren dritten IF-Comp-Beitrag vor.

Nun beginnen die Spoiler.

Das Spiel ist ganz anders als die ersten beiden und nimmt einen Anfang, den Edgar Allen Poe nicht besser hinbekommen hätte. Eine düstere Gestalt, offensichtlich ein Dieb, nähert sich der Spielerin und hat den schmutzigen Weg in ihrem Rücken im Visier. »Etwas konnte nicht stimmen, und auch deshalb hast du getan, was du getan hast.« Was habe ich getan? Die Betätigung der Space-Taste gibt Auskunft: »Eine Millisekunde, bevor der verhüllte Läufer bei dir war, hast du deinen kleinen grünen Fuß ausgestreckt.« Wow, die kürzeste Charakterbeschreibung, die ich bislang gelesen habe: Die Spielerin ist schnell, klein, mutig und grün. Eine Milbe eben. Und der Dieb sucht ein Juwel, das ihr Vater in Besitz genommen hat und das eine Inschrift trägt: »Eigentum des Märchenprinzen«.

Fortan geht es darum, das eigene Dorf vor weiteren Diebesbesuchen zu schützen und dieses Juwel durch eine Welt von Tulpen, Flieder, dornigen Rosenträuchern, von Pilzen, Schnecken an einem Teich, bösen Spinnen, traurigen Raupen oder schreckhaften Schmetterlingen zu tragen, um den Alteigentümer aufzufinden und ihm sein Inventar zurück zu geben. Eine wunderbare Reise durch eine Biene Maja-Welt beginnt, deren Poesie und ausgezeichnete Implementierung beeindruckt. Einige Rätsel sind nicht ohne, mein Lieblingsrätsel in diesem Spiel erinnert an die  Lemmings I der frühen 1990er Jahre. Um auf eine Tulpe mit dem Schmetterling zu gelangen, ist die Milbe zu klein. Sie kann jedoch nebenan auf eine Pusteblume steigen und ein Samenkorn als Fallschirm benutzen. Dazu muss sie aber erst warten, bis der Wind sich in die richtige Richtung gedreht hat. JUMP – »I'm flying!« – Klasse, ich hatte das Bild des Fallschirm-Lemmings vor Augen, der sich dann – in Gestalt der Milbe – weich auf die Tulpe senkt und den schreckhaften Schmetterling aber dadurch verjagt. Danach rutscht die Milbe einfach den Stängel hinunter. Es ist für mich das süßeste Rätsel der IF-Geschichte.

Wie Alice im Wunderland wird die Milbe immer wieder von ihrer Mission abgelenkt, allerdings quatscht sie dabei nicht mit Wasserpfeife rauchenden Caterpillars, sondern erfüllt mehr spielerische Aufgaben oder hilft etwa einer in Not geratenen Raupe, deren Freund von einer bösen Spinne geraubt und in ein Cocon gesponnen wurde. Die Milbe ist bekanntlich mutig und schnell und kann die Spinne mit einem Rosendorn killen, wirklich süß – Märchen im Combat Mode. Aber Lemmings I-Taktiken steht im Vordergrund, so raubt ein Zwerg das Juwel, welches die Milbe nur mit Tricks und Kniffen wieder erlangt. Aber es kommt auch eine unsichtbare Brücke über einen Teich vor, die nur mit geeigneten Maßnahmen sichtbar gemacht werden kann.

Das Spiel ist ausgezeichnet implementiert, es gibt viele Wege hindurch und man ist – auch wegen der vielen blumigen englischen Ausdrücke, die beim ersten mal nicht verstanden werden – regelrecht scharf auf einen zweiten Durchgang. Was man auch fragt, das Spiel hat eine Antwort. Die Milbe kann auch sterben, wenn sie etwa die Spinne mit ungeeigneten Waffen attackiert, aber es wird ihr zuvor nahegelegt, es nicht ein zweites Mal zu versuchen und außerdem ist die UNDO-Funktion verfügbar.

Einzig der Schluss ist etwas unbefriedigend, der Märchenprinz bekommt das Juwel und der Spieler gewinnt. Aber es ist ja ein Märchen. Ein süßes, kurzes und sehr poetisches Spiel, das ganz und gar nicht der Autorin vor vier Jahren entspricht. Ich finde es schade, denn gerade Märchen bieten Projektionsflächen für düstere Fantasien, aber auch dieses poetisch-heitere Märchen ist gelungen.

Zuletzt geändert am 15.10.2010 20:28 Uhr.

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