en Night House (10/2016)

Textadventure ★★★★★★★☆☆☆   [?]
von Bitter Karella
Publisher:keine

Die achtjährige Jeremy wacht nachts albtraumgeplagt auf weil sie auf Klo muss. Auf dem Rückweg ist plötzlich das Zimmer verschlossen und eine Odyssee in der aus ihrer Sicht riesigen Welt dieses Hauses zwischen Traum und Realität beginnt, die sowohl in Erziehungsmaßnahmen der Eltern als auch in die Geschichte des Hauses reicht.

8. Platz auf der IF-Comp 2016.

Review von proc 07.10.2016

Plattform:Quest
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» Genres » Horror » Spukgebäude
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Review von proc 07.10.2016     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Ein süßes Horrorspiel über die achtjährige Jeremy, die nachts albtraumgeplagt aufwacht und aufs Klo muss. Damit beginnt die Odyssee durch ein großes Haus, denn auf dem Rückweg ist plötzlich ihr Zimmer verschlossen. Eine faszinierende Geschichte zwischen Traum und Wirklichkeit mit einem Geist, der etwas haben will in Tateinheit mit etwas, das die Eltern dem Mädchen als Erziehungsmaßnahme weggenommen haben damit sie keine Albträume bekommt. Der Geist bekommt anhand eines Fundstücks noch Bezug zu einem anderen Mädchen, das in den 20er Jahren im Haus lebte. Ich kenne das Finale nicht, gefühlt war nach weit über zwei Stunden gerade einmal die Hälfte der Geschichte in einer stetig wachsenden dreidimensionalen Topographie von über zwei Dutzend Räumen erspielt, die sich selbstverständlich nicht alle ohne Weiteres betreten lassen. Das interessante an der Erzählweise ist die suggestive Kraft der Vorgänge und Beschreibungen: Ähnlich wie im Horrorklassiker  The Haunting entsteht der Spuk im Kopf der Spielerin, das Spiel bleibt weitgehend unexplizit und auch die Geisterszenen bleiben albtraumartig diffus wie Imaginationen eines verängstigten Mädchens.

Die Rätsel sind überwiegend kreativ angelegt, es happert etwas am Parser, der zu oft nur wenige autorenseitig gedachte Möglichkeiten zulässt und nicht andere naheliegende. Das ist umso nerviger als Disambiguitäten schon hinreichend stören so dass man bei den Meldungen nicht weiß, ob man statt TAPE vielmehr UNLABELED BETAMAX TAPE hätte eingeben sollen oder PUT statt INSERT. Eine Quest-typische Menüauswahl für die Maussteuerung suggeriert, alle Objekte per Mausklick mit Aktionen belegen zu können, aber diese visuelle Methode versagt wenn zwei Objekte zu kombinieren sind. Und davon strotzt das Spiel mit seinen Videotapes, Disketten oder Türoffnungsstrategien. Irritierend sind auch einige sachliche Ungereimtheiten, wenn etwa die zu hohe Trapdoor an der Decke nicht geöffnet werden kann. Beim Versuch, einen Stuhl zum Draufstehen mitzunehmen heißt es dann irritierend: »Why would you need to carry those... even if you could?«. Schließlich gibt es noch einige wenige Implementierungsfehler, so lässt sich ein Pappkarton nicht bewegen weil er viel zu schwer ist, aber dennoch ins Inventar übernehmen. Woanders als an seinem angestammten Platz lässt er sich aber mit passendem Werkzeug nicht mehr öffen. Vereinzelt kommen auch kryptische »Error running script«-Meldungen ohne weitere Auswirkung. Das sind alles nervige Kleinigkeiten, über die sich zwar hinwegspielen lässt, die aber bei einem gut getesteten Spiel verwundern.

Unterm Strich hat mir das Spiel gut gefallen, es bietet eine überwiegend technisierte Welt aus Computern, Videogames, Betarecordern, Babyfons und vielem mehr was so in Keller und Garage herumstehen kann. Das ist meist kein Selbstzweck, die meisten Objekte haben einen Sinn und können benutzt werden wenn die Situation stimmt. Noch etwas Polierarbeit, dann wird das ein richtig gutes Spiel. Aber auch in dieser fast-fertigen Form würde ich es als überdurchschnittlich bewerten, Üppigkeit, Sinn und Stimmung in dieser Spielewelt gleichen Parserruppigkeiten, Disambiguitäten und einige Implementierungsfehler locker aus.

Zu Quest gibt es allerdings noch zwei Maluspunkte, wofür das Spiel nichts kann. Der erste betrifft das Scripting: Es scheint trivial, eine Transkript-Funktion in Quest einzubauen, zumal Copy/Paste immer geht weil der gesamte Text scrollbar dasteht. Das ist aber bis heute nicht geschehen und erklärt teilweise die vielen kleinen Fehler. Und das Sichern des Spielstandes enthält immer noch dieselbe Falle wie vor Jahren schon bemäkelt: Der absolute Dateipfad wird mitgespeichert, die Sicherung funktioniert nicht mehr wenn die Datei nicht an exakt dieser Stelle liegt. Das ist fatal, wenn man mit Sticks an verschiedenen Geräten arbeitet oder später mal archivierte Spielstände anschauen möchte. Reine Spielerquälerei.

Zuletzt geändert am 08.10.2016 11:51 Uhr.

Night House
Cover-Artwork
Night House
Quest 5