en Robin & Orchid (09/2013)

Drei Gymnasiastinnen und Schulreporterinnen gehen in einer Kirche den Berichten über Geistersichtungen nach. Die Spielerin Robin kann das Rätsel mit einer Polaroidkamera bewaffnet journalistisch investigativ lösen. Der Beitrag zur IF-Comp 2013 belegte den zweiten von 35 Plätzen, die Protagonistin setzt ihre Abenteuer in Ryan Veeders IF-Tutorialspiel So, You've Never Played a Text Adventure Before, Huh? fort.

Das Spiel erhielt den XYZZY Award 2013 in der Kategorie Best Setting.

Review von proc 24.10.2013

Plattform:Glulx
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Spoiler:
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» Genres » Horror » Spukgebäude
» Schauplätze » Kirche & Kathedrale
» Regionen » Amerika » Nordamerika » USA
» Spieler-Charaktere » Journalist/Schriftsteller
» Spieler-Charaktere » Weibliche Hauptdarstellerin
» Internationale Wettbewerbe & Projekte » Interactive Fiction Competition » 19. IF-Comp 2013
» Internationale Wettbewerbe & Projekte » XYZZY Awards » XYZZY Awards 2013

Review von proc 24.10.2013     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Die Atheistin Robin Monaghan geht als Fotografin für ihre Schülerzeitung den Gespenstersichtungen ihrer methodistischen Mitschülerinnen und -Schülern auf einer  Slumber party in der Kirche nach. Ihre Polaroidkamera sichert dabei Beweise und das zu Beginn vom Leiter der Schülerzeitung Casey übergebene Notizbuch dient als Hilfestellung und auch ein wenig als Questbook, in dem sich beachtlich viel nachschlagen lässt. Es ist als Hilfsmittel gedacht, Robin auf denselben Wissensstand zu bringen wie die gläubigen Mitschüler mit ihren direkten Erlebnissen.

Das Spiel ist technisch vorbildlich umgesetzt, nur an der Geschichte hapert es. Sie besteht im Grunde darin, vom Keller bis in den Kirchturm in den Gefilden eines Gotteshauses herumzuklettern, das selten Gespenstigkeit ausstrahlt – dazu ist eine solche Location schon etwas verbraucht. Warum nicht einmal eine Kathedrale der Moderne, eine zerfallene Brauerei mit Sudhaus statt Altar und gekreuzten Rohren statt Kruzifixen? Offenbar sind solche »Lock-ins« in den USA verbreitet, bei denen Teenager bei speziellen Ereignissen die ganze Nacht in einer Kirche eingeschlossen werden und bis in die frühen Morgenstunden feiern. Diese Kirche ist zugleich eine Art Jugendtreff mit Theater und Chor, die etwa über einen Kinderhort, Partyraum und UV-Schwarzlichtsaal verfügt. Die Methodisten scheinen ein lustiges Völkchen zu sein.

Gemutmaßt wird, dass sich an diesem Ort in der Vergangenheit ein Mädchen aus unerfüllter Liebe zu Tode gestürzt hat, worüber nur gemutmaßt werden kann, ob der Vater diese Liebe untersagt hatte oder der Junge sie nicht erwiderte. Dieses Mädchen soll nun in diesen Gemäuern geistern. Auf kreative Weise können unzugängliche Orte begangen und am Ende die letzte Tür geöffnet werden, die das Geheimnis in einer vorhersehbaren Pointe in einem längerem automatischen Dialog offenbart, womit das Spiel endet. Oder nicht ganz, im abschließenden Schritt werden dieses Geheimnis der lehrerhaften Sharon gepetzt und die Schuldigen bestraft. Es ist im Grunde ein Erkundungsspiel, das am Schluss das einzige erzählerische Schmankerl als Belohnung enthält. Die erzählerische Grundidee, das Geheimnis des Gespenstes herauszufinden, verschwindet bereits weit am Anfang hinter den vielen erkundbaren Gegenständen, zu denen das Notizbuch oft eine Anekdote bereithält und dabei auch weitere Personen aus diesem Kirchenkreis ins Spiel bringt. Spätestens nach Lösung des schwierigsten Rätsels um ein klebriges »Ektoplasma« ist das Ende absehbar.

Was es mit den Fotos auf sich hat, bleibt schleierhaft. Sicher, Robin ist Zeitungsfotografin und geht nur aus diesem Grund in dieses Lock-in, Beweisfotos für die Existenz des Gespenstes zu liefern. Diese Fotos existieren aber nur, deren Betrachtung liefern nur marginal erweiterte Erkenntnisse (etwa eine deutlich sichtbare Katze, während ohne Foto nur zwei Augen hinter Glas sichtbar sind) oder objektfremde Verwendung nichts nutzt. Damit ist die beeindruckend implementierte Fotomechanik für die Katz, und letztere streunt wie ein leuchtender Halloween-Kürbis in der Kirche herum, um die Spielerin zu erschrecken ohne jemals einen anderen Zweck zu erfüllen. Die NPCs Casey (der Newspaper-Chef) und Sharon (lehrerhafte Aufseherin der Gruppe) bleiben im Spiel praktisch irrelavant, nur Orchid verweilt an einer Stelle und erfüllt ihren einzigen Zweck, einen Zugang zu versperren. Die Dialoge werden automatisch in bestimmten Situationen getriggert und entwickeln weniger die Charaktere als eine Hintergrundgeschichte, was das Notizbuch aber besser erfüllt. Jenes führt noch weitere Charaktere wie den Jugendleiter Patrick, die Chorleiterin Marcie oder eben Post-Suiziden Geist Jennie ein, die der Geschichte insgesamt etwas Substanz geben wollen, aber nicht weiter spielrelevant sind.

Wird dieses Beiwerk abgeschält, bleibt ein Schiebepuzzle übrig, bei dem Objekte an die richtige Position gebracht und auf richtige Weise angewendet werden müssen um zum nächsten Puzzle zu gelangen. Insgesamt sind das vielleicht eine große und fünf kleinere Hürden einschließlich reverser Falltür, Lichtschalter gefühlte zehn Räume weiter oder aufgetürmte Klötzchen zum Klettern, bis das Spiel dann mit der Mini-Pointe zu Ende geht. Insgesamt recht unterhaltsam, vorbildlich umgesetzt, nur der Story fehlt es an Spannung. Sie erhält letztlich durch das Beiwerk im Notizbuch oder den Dialogen etwas Substanz.

Zuletzt geändert am 01.11.2013 19:10 Uhr.

Robin & Orchid
Cover-Artwork
Robin & Orchid
Glulx
Robin & Orchid
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