en Solarium (09/2013)

Multiple Choice-Textadventure ★★★★★★★☆☆☆   [?]
von Alan DeNiro
Publisher:keine

Nach dem Atomkrieg 1954 kann der Spieler alchemische Methoden einer archäologischen Entdeckung nutzen, mehr über dessen Gründe zu erfahren. Bebilderter Beitrag zur IF-Comp 2013, der alchemische Symbolik, Psychologie und militärisch-politische Rationalität im Kalten Krieg geschickt verbindet und damit den sechsten von 35 Plätzen belegte.

Das Spiel erhielt den XYZZY Award 2013 in der Kategorie Best Story.

Review von proc 10.11.2013

Plattformen:Twine, Online
Downloadlinks:
Weblinks:

» Genres » Historisch » Moderne (ab 1800 n. Chr.) » Kalter Krieg
» Genres » Science Fiction » Endzeit
» Regionen » Amerika » Nordamerika » Kanada
» Internationale Wettbewerbe & Projekte » Interactive Fiction Competition » 19. IF-Comp 2013
» Internationale Wettbewerbe & Projekte » XYZZY Awards » XYZZY Awards 2013

Review von proc 10.11.2013     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Das sprachlich eindringliche Stück Solarium spielt in einem postapokalyptischen Setting nach einem Atomschlag im September 1954 in einem entlegenen nordwestkanadischen Labor. Der Protagonist, einst Mitglied des streng geheimen US-Militärprojekts »Solarium«, findet dort eine Möglichkeit, sich auf alchemische Weise in die Vergangenheit einzuklinken und die Vorgänge Revue passieren zu lassen. Allerdings nur Häppchenweise, die Alchemie stimmt nicht und nur über bestimmte »Erinnerungswege« erhält er Zutaten, die Wege zu weiteren Puzzlestücken öffnen. Nichtsdestotrotz ist die Geschichte ansatzweise linear aufgebaut, sie wird solange immer wieder von seinem Zahnarztstuhlähnlichen Maschinerie-Gebilde durchlaufen bis alle Zutaten vorhanden sind. Man kann praktisch nichts verpassen.

Die Erinnerungen verweisen überwiegend auf tatsächlich vorhandene Projekte der CIA oder des US-Militärs, darunter eben auch das im Sommer 1953 von Eisenhower ins Leben gerufene » Projekt Solarium« zur Eindämmung des sowjetischen Machteinflusses und ziehen Schlussfolgerungen über Fantasien im Kalten Krieg etwa über einen gewinnbaren Erstschlag immer mehr ins grostesk-Fantastische, indem die archäologische Entdeckung der magischen Kräfte eines unsterblichen engelhaften Wesens namens »Archon« benutzt wurden, Nordamerika vor dem Gegenschlag beschützen. Das ist freilich schief gegangen, Archon hatte dann doch keine Lust dazu. Dieses Wesen und, wie sich herausstellt, seinesgleichen fühlt sich ausgestoßen und eine Art überirdisches Familiendrama vermischt sich nach und nach mit einer militärisch-politischen Rationalität der Rahmengeschichte, was dann in die Katastrophe führt. Die alchemische Symbolik verweist dabei in den erst am Ende gebrachten Credits auf eine  Schrift des Ego-Propheten Edward Edinger, der die Theorie aufgestellt hatte, der Christ müsse im »Selbst« inkarnieren, dem Archetypus der psychischen Totalität, während das »Selbst« im Ich inkarnieren und in einen neuen Archetypus transformieren könne. Wenn dies geschehe, erhalte das Ego einen gottähnlichen Status. Das Spiel versteht sich von daher in der archetypischen Symbolik der Alchemie als psychologische Diagnose der Zeit des Kalten Krieges, was aber erzählerisch nur teilweise gelingt. Es geht jedoch unter die Haut, liest sich als eines der besseren Twine-Projekte und hält sich an der weltlichen Seite der Vorgänge.

Zuletzt geändert am 10.11.2013 07:38 Uhr.

Solarium
Cover-Artwork
Solarium
Twee