en Take (10/2016)

Textadventure ★★★★★★☆☆☆☆   [?]
von Amelia Pinnolla
Publisher:keine

Der verstörende, radikal subjektive Blick einer Journalistin auf die Schlachtfelder der Medien mit ihrem Krieg um Aufmerksamkeit und auch darüber, was dieser Krieg aus den Legionären und Kombattanten macht.

28. Platz auf der IF-Comp 2016.

Review von proc 09.10.2016

Plattform:Glulx
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» Genres » Surreal
» Spieler-Charaktere » Journalist/Schriftsteller
» Technik » Experimentell
» Technik » One-Room
» Internationale Wettbewerbe & Projekte » Interactive Fiction Competition » 22. IF-Comp 2016

Review von proc 09.10.2016     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Das Spiel hat mich fasziniert, weil es die verstörende Erhabenheit einer Nam June Paik-Videoinstallation ausstrahlt. Dreimal bis zu einem Ende gespielt, habe ich keinen blassen Schimmer, welcher Logik die Texte folgen, wohl aber einen Eindruck davon, wie sie erzeugt wurden. Man wähnt sich zunächst im Krieg, denkt an Robocop oder Starship Troopers, findet sich aber doch auf einem Schlachtfeld der Aufmerksamkeit von Magazinen, Blogs und anderen Medien wieder. Und das aus der radikal subjektiven Sicht einer müde-nachdenklichen Journalistin oder Bloggerin, die fünf Tage die Woche von ihrer Chefin Karin gescheucht wird: »you must always be more compelling: more watchable, more scandalous, more real in a shocking way.«

In Take geht es um »Takes«, um kurze Aufnahmen, die medial verwurstet werden. Das bekannte Weltmodell existiert nicht mehr, bis auf TAKE und EXAMINE werden keine Anweisungen akzeptiert. Das führt, wenn man so will, zu einem sehr eigenen Weltmodell: Dem der medialen Möglichkeiten, denen anhand näher untersuchter Aussagen gefolgt werden kann. Man erfährt beispielsweise von Amy, der Direktionsassistentin mit ihrem »frazzled hair« und bloggt das gleich raus:

>take hair
You write about what you can tell about an assistant by their hair. Amys everywhere will read it. Perhaps it'll be controversial.
Taken.

Nam June Paik kam mir als Vergleich in den Sinn, weil man selbst einen surrealen Monitor aus seinem Bauch wachsen sieht, der die Verdrahtung via Blog, Chat, Mail und dergleichen verkörpert und daher auch als Messgerät dient. Nach einem Take regt er sich im Maße des erzeugten Aufsehens, etwa wie:

The monitor drones against your rib. Your brain is clouded.

Take ist nicht wirklich ein Spiel, obwohl es zwei Enden und sogar noch einen Bonus hat, indem nach dem Ende mit der zusätzlichen Aktion USE und durchaus sarkastischen Konsequenzen weitergespielt werden kann. Der Spielcharakter geht verloren, da die Züge nicht mehr den Gesetzen der Logik zu folgen scheinen und soweit es sich um eine Story handeln soll, habe ich sie nicht begriffen. Take ist wohl mehr als Installation gedacht, die mit ihrer verstörenden Anlage eine Wahrnehmung spürbar machen möchte. Das funktioniert nicht wirklich, weil es inhaltlich selbst Aufmerksamkeit zu erregen trachtet und damit Teil dieser zynischen Kriegsmaschinerie wird. Das größte Manko ist aber die Wahl des Mediums, das zersetzt wird statt es zu nutzen. Das mag ja mit Blick auf Computerspiele als Teil des Medienkrieges so gedacht sein, die Kombattanten können es aber nicht verstehen. Die Komposition ist zur Symphonie ohne Instrument geworden.

Zuletzt geändert am 09.10.2016 11:12 Uhr.

Take
Cover-Artwork
Take
Glulx