The Black Lily (10/2014)
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von Hannes Schüller | |||
Publisher: | keine |
Die Spielfigur entpuppt sich nach romantischen Rückerinnerungen als Teil eines vielschichtigen Krimis.
16. von 42 Plätzen auf der 20. IF-Comp 2014.
Deutsche Fassung: Die schwarze Lilie.
Inhalt/Feelies: | Walkthrough |
Plattform: | Z-Code |
Downloadlinks: | ✦ ↗ Release 2 / Serial 150318 online spielen ↗ Alle IF-Comp 2014-Spiele |
Weblinks: | ↗ Interview mit dem Autor vom 29.11.2014 ↗ Review von Emily Short vom 14.10.2014 ↗ Review von Jason Dyer vom 11.10.2014 ↗ Review von Steven Odhner vom 09.10.2014 ↗ Review von Caleb Wilson vom 07.10.2014 ↗ Review von Ben vom 05.10.2014 ↗ Review von Elizabeth vom 03.10.2014 ↗ IFDB |
» Genres » Krimi
» Regionen » Europa » Italien » Rom
» Schauplätze » Zu Hause
» Internationale Wettbewerbe & Projekte » Interactive Fiction Competition » 20. IF-Comp 2014
Review von proc 02.10.2014 ausblenden
Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.
Hinweis: Ich war in der Schlussphase Betatester und möchte daher allzu konkrete Äußerungen über die Handlung vermeiden und auf eine Bewertung verzichten.
Eine in Ich-Form erzählte Figur erinnert sich an frühere Frauenliebschaften, was in einem vielschichtigen Krimi endet. Am Ende wird das Rätsel um diese Figur zum Antrieb für die Handlung, denn mit jedem Durchgang werden weitere Details rückbetrachtend als seltsam empfunden und es fallen weitere Details über dieses rätselhafte Ich auf. Der Autor erzählt die Geschichte dabei in kurzen, in sich abgeschlossenen Szenen und bietet in der Erzählform ein kleines Highlight: Die Gegenwartshandlung findet im Präsens statt, während die Erinnerungen in der Vergangenheitsform erzählt werden. Das Spiel endet mit einer letzten Frau und mündet in mehreren Ausgängen in möglichen Neubewertungen der Spielerfigur.
Dem Spiel standen die Filme italienischer Großmeister des ↗ Giallo-Horrorthrillers Pate, allen voran Mario Bava, der u.a. auch Quentin Tarantino und Tim Burton beeinflusste. Viele Details, Settings und Handlungselemente verweisen auf deren Filme und selbstverständlich ist die Handlung im Rom der siebziger Jahre verortet. Das Spiel liest sich daher auch als Huldigung, denn die vorgeblich einfache, mit dem Spielfortschritt und jedem Deutungsversuch immer verzwicktere Handlung entspricht deren Stilelementen der millimetergenauen Beleuchtung, präzisen Kamerafahrten und expressiver Farbgestaltung mit der Absicht, den Horror über die Handlung hinaus in eine Bildspache zu fassen. Im Spiel bleiben die Texte angenehm knapp und vielerorts derart kristallklar, dass sich verschiedene Sichtweisen über die Vorgänge darin reflektieren können: Statt konkreter Schilderungen erscheinen an vielen Stellen geradezu lyrisch wirkende Leinwände für Spielerdeutungen. Diese meisterhaft gepflegt Kunst des Weglassens und Andeutens geht Hand in Hand mit der hohen Aktionsdichte des Spiels: Ob riechen, hören, betasten, tanzen, springen, anzünden, alle gängigen Kommandos und einige mehr liefern Reaktionen, wobei viele davon auf die jeweilige Szene zugeschnitten sind.
Diese Erzählstrategie hatte bereits in der Geschichte des Herrn P. einen ersten Höhepunkt erreicht, wird in The Black Lily jedoch auf die Spitze getrieben. Das Spiel kommt in einer Zeit mit knappen Texten, dichten Szenerien und einfachen Rätseln aus, in der fast ausschließlich geschildert, beschrieben, dialogisiert, erklärt, erläutert und szenisch gepinselt wird oder Rätsel auf immer komplexere Stufen des Daseins gehoben werden. Dahingehend sind einige Scherze enthalten, doch letztlich hat jedes Detail seine unverrückbare Bedeutung. Wie bei Bava und Konsorten geht es gerade um diese Kleinigkeiten, die ganze Deutungstheorien mit wenigen Worten umzustürzen vermögen - wer sie ernst nimmt, kann sich diesem einen großen Rätsel um die Ich-Figur annähern. Das macht dieses Spiel auch zum Spiel mit dem ungeduldigen modernen Spieler, der sich in eine Liebesgeschichte einzutauchen wähnt und sowohl an Schockmomenten als auch an seltsamen Details merkt, dass an seiner Sicht der Dinge etwas nicht stimmen kann.
Dass die Mechanik und Texte so leichtfüßig wirken, steht am Ende im krassen Gegensatz zu ungreifbaren Aspekten der Spielfigur. Selbst (oder gerade) nach mehreren Durchspielen bleiben Widersprüche und Fragezeichen zurück, die eine Spielergemeinde spalten können: Bin ich zu blöd oder war der Autor zu unkonkret? Letzteres könnte man als Vorwurf äußern, wenn es nicht beabsichtigt wirken würde. Ein atemberaubendes Spiel!
Zuletzt geändert am 02.10.2014 20:03 Uhr.