The Myothian Falcon (09/2011)
Der Spieler Vic Gentry ist Privatdetektiv und bekommt Besuch von einer Dame, die des Mordes an ihrem Mann beschuldigt wird. Opulente Detektivgeschichte aus dem 4. Jahrtausend auf einem anderen Planeten mit stimmungsvollem Setting aus dem 20. Jahrhundert auf der Erde. Das Spiel erreichte auf der IF-Comp 2011 den 24. von 38 Plätzen.
Plattformen: | Quest, Online |
Downloadlinks: | ✦ ↗ Online spielen (Externer Link!) ↗ Quest 5 |
Spoiler: | ↗ Walkthrough |
Weblinks: | ↗ Quest-Seite zum Spiel ↗ IFDB ↗ IF-Wiki |
» Genres » Krimi » detektivisch
» Spieler-Charaktere » Detektiv
» Internationale Wettbewerbe & Projekte » Interactive Fiction Competition » 17. IF-Comp 2011
Review von proc 03.10.2011 ausblenden
Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.
Dieses Quest-Spiel beeindruckt durch die Geringfügigkeit an Speicherplatz, in der sich eine üppige Geschichte verstecken kann. Lächerliche 95 Kilobytes benötigt ein Spiel, das nach einem geschätzen Drittel auf über 20 Schauplätze und etwa fünf NPCs anwächst, je nach Spielverlauf. Privatdetektiv Vic Gentry empfängt Madame Maisy DeValle, die des Mordes an ihrem Mann beschuldigt wird und um Aufklärung bittet. Eine wilde Jagd nach Indizien und Verdächtigen auf einem fernen Planeten im 4. Jahrtausend beginnt, wobei der Spieler von diesem SciFi-Hintergrund nicht mehr mitbekommt als einen Teleporter.
Hier beginnen die Spoiler...
In zwei Stunden des Herumprobieren tut sich eine detektivische Welt auf, die topografisch ihresgleichen sucht. Da sind ganze Straßenzüge mit Hotels und Bars zu erkunden, der Teleporter schiebt den Spieler bei Bedarf gegen 5 Credits, die sich aus der Vorkasse-Bezahlung der Mandantin schöpfen lassen, an zunächst vier, zur Hälfte des Spieles dann sechs entfernte Schauplatz-Szenerien wie etwa dem eigenen Viertel, dem Boulevard der Mandantin oder der Universität mit ihrer Archäologischen Fakultät. Man kann auf trickreiche Weise die Villa der Mandantin erkunden und dort einen Computer mit verschlüsselten Daten finden, die fortan im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen. Zahllose Nebenfiguren bevölkern diese von Minute zu Minute sich vergrößernde Welt und spannen ein erzählerisches Oktoberfestzelt auf, das man sich in dieser Komplexität aufmalen und aufschreiben muss. Um es kurz zu machen: Ich bin in zwei Stunden nicht ansatzweise durchgekommen und kenne das Ende nicht, auch den Walkthrough habe ich nach einer zusätzlichen Stunde aus Zeitmangel aufgegeben. Schweren Herzens, als müsste man ↗ Müllers Büro abschalten.
Im Laufe des Spiels fallen Schwächen des Quest-Autorensystems oder möglicherweise des Autors auf: Dialoge sind starr auf ein „ask bla about bla“-Schema angelegt, die nicht selten eine Bildschirmseite Zitat-Tennis produzieren. Daraus relevante Einzelheiten für das weitere Vorgehen zu ziehen ermüdet, zumal die richtigen Fragen zu formulieren sind, und das auch noch auf Englisch. Es ist frustrierend, auf der richtigen Fährte zu sein und im Walkthrough dann zu lesen, dass „look for linda love“ geht, „search for“ aber nicht. Synonyme sind dem Quest-System weitgehend unbekannt, ein „sign“ im Beschreibungstext mutiert beispielsweise in eine „message“, nach der zu fragen ist. Das kann ja mal vorkommen, aber laufende Grübeleien dieser Art können eine noch so stimmungsvolle Geschichte zersetzen.
Eine Stelle gefiel mir wegen ihres Innovationspotenzials besonders gut. So muss Linda rumgekriegt werden, um Informationen über die Verschlüsselung von Dateien der Mandantin zu erhalten. Was hatte ich für Ideen! – doch die Kooperation ermüdete sich nach Eingabe der exakten Phrase „make love to linda” in der Rückmeldung “Vic took Linda in his arms, picking her up, and carrying her to the small bed.“ Das war’s. Dafür hätte erzählerisch ein Mochito mit einem Extra-Schuss Rum ausgereicht.
Es ist schwer, ein Fazit zu ziehen, wenn man eine Geschichte gerne kennen würde und nicht durchgekommen ist. Positiv finde ich eingangs die Stimmung eines spannenden Privatdetektiv-Settings und der schnell wachsenden Spielewelt, die erzählerisch aber durch den starren Parser und konzeptionelle Fehler des Autors schnell an Impetus verliert. Die Geschichte ist zu lang, die Dialogschemata, der Zwang zum ständigen Hin- und Herteleportieren und crawlen im städtischen Labyrinth nur einer weiteren Information wegen wirken im Lauf des Spiels langweilig und die Erzählung kennt keine Spannungsbögen, sondern plätschert dahin. Ein paar knackige Dialoge können mehr über einen Charakter verraten als detaillierte Schilderungen. Dennoch möchte ich diese Story nach der IF-Comp zu Ende spielen!
Aber noch ein Wort zu Quest: Ich bin in der Startphase des Interpreters eine Minute lang damit beschäftigt, den Deny-Button der Firewall zu repetieren, und die Datenpakete wollen auch noch an eine deutsche, von einem mir nicht geheuren Provider gehosteten IP-Adresse, die dem Quest-Entwickler und Webstatistik-Experten Axe Software (axeuk.com) zuzurechnen ist. Wer keine Programme mag, die ungefragt Daten ins Internet funken, sollte Quest grundsätzlich den Draht nach Draußen verwehren. Seltsam auch, dass beim Speichern des Spielstands der absolute Pfad zum Spiel mitgespeichert wird: Nach der Archivierung in ein anderes Verzeichnis wird die Sicherung unbrauchbar.
Zuletzt geändert am 03.10.2011 22:14 Uhr.