de Mondbasis Palindrom II (04/2010)

Der Spieler wird im Rahmen einer Maßnahme der Europäischen Agentur für Arbeitsbeschaffung auf die Mondbasis Palindrom II geschickt um den verschwundenen Wachmann Otto Renner zu ersetzen. Auf der Mondbasis abgesetzt startet nun sein Rundgang. Aber wie? Die Atemluft wird knapp und die einzige Tür im Raum reagiert nur auf ein unbekanntes Master-Passwort. Mondbasis Palindrom II erzielte den fünften Platz beim Grand Prix 2010.

Review von Mikawa 15.07.2010
Review von proc 06.04.2010

Plattform:T.A.G.
Downloadlinks:
Weblinks:

» Genres » Science Fiction
» Schauplätze » Ferner Planet » Mond
» Schauplätze » Raumstation
» Technik » One-Room
» Deutschsprachige Wettbewerbe und Projekte » Grand Prix » Textfire.de Grand Prix 2010

Review von proc 06.04.2010     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

In Christian Blümkes erstem Grand Prix-Wettbewerbsbeitrag wird der Spieler im Rahmen einer Maßnahme der Europäischen Agentur für Arbeitsbeschaffung auf die Mondbasis Palindrom II geschickt, um den verschwundenen Wachmann Otto Renner zu ersetzen. Endlich hat er wieder für drei Monate einen zwar schlecht bezahlten, aber verantwortungsvollen Job. Auf der Mondbasis abgesetzt startet nun sein Rundgang. Aber wie? Die Atemluft wird knapp und die einzige Tür im Raum reagiert nur auf ein unbekanntes Master-Passwort.

Wie schon in Blümkes Spiel »Klub Karisma« treiben mehr oder weniger knifflige Rätsel das Spielgeschehen an und werden mit witzigen Texten kurzweilig gehalten. Da müssen Gegenstände zusammengesetzt werden, die Atemluftversorgung ist handzuhaben und das Master-Passwort für die Tür herauszufinden. Der Voraussetzung des Grand-Prix-Wettbewerbs, ein Spiel in 90 Minuten beenden zu können, sind die nicht zu knappen versteckten Hinweise auf die Lösung geschuldet. Rätselprofis mögen das Spiel in einer Viertelstunde geknackt haben, Einsteiger dürften das letzte Rätsel in knapp einer Stunde gelöst haben und bis dahin einige Male den Atemtod gestorben sein, ohne dabei Langeweile zu verspüren.

Die grandiose Umsetzung des einzigen Raumes, der enthaltenen Objekte und Supporter wirkt wie ein Lehrstück der Implementierungskunst, das Spiel weiß auf viele Fragen intelligente Antworten und bleibt immer kurzweilig. Ein einsamer Tippfehler im Startbildschirm sei verziehen, die Hilfe-Funktion ersetzte Blümke durch den Computer Bob, der wie  HAL 9000 in Kubricks Odyssee 2001 mit Emotionen ausgestattet ist und nicht ignoriert werden will. Diese großartige Idee ist allerdings nicht konsequent umgesetzt, Bob bleibt bei den meisten spielrelevanten Fragen ratlos und hätte noch etwas stärker Ersatz für das fehlende Hilfsmenü bieten können. In der vorliegenden Implementierung bleibt Bob eine wenig hilfreiche Randerscheinung.

Bei der Lösung der Rätsel dürfte ein Blick aus dem einzigen Fenster kaum ausbleiben, der die Ausläufer der Raumstation an einem Krater beschreibt und auf einen interessanten Rundgang hoffen lässt. Nach der Lösung des letzten Rätsels ist aber Schluss. Keine Belohnung, kein Rundgang, der Spieler hat gewonnen. Palindrom II wirkt wie die Intro für ein größer angelegtes Spiel, worin Blümke bereits Erfahrung besitzt. Er betrat 2004 mit der deutschen Übersetzung des legendären »Pirate Adventure«-Klassikers (1978) von Alexis und Scott Adams die Bühne der deutschsprachigen Interactive Fiction und gehört mit »Klub Karisma« (2008) und der Implementierung des Daedalic Entertainment-Aprilscherzes »The Whispered World« (2009) zu den gegenwärtig aktivsten Interactive Fiction-Autoren.

In der Vorbereitung zu Whispered World übertrug er Martin Oehms deform-Bibliothek auf das Inform 7-Autorensystem und  pflegt die Extension bis heute. Daher überrascht die Wahl des vom Entwickler Martin Oehm selbst als veraltet bezeichneten  Text Adventure Generators T.A.G., dessen Sprachbibliothek Blümke offenbar weiterentwickelt hat: Standardantworten bei vandalistischen oder sinnlosen Aktivitäten wie etwas das Aufessen des Sessels erinnern an solche der deform-Bibliothek. Das Spiel wirkt daher als Comeback des vermeintlich veralteten T.A.G., wofür seit Ende 2003 auch eine Windows-Version im Beta-Stadium existiert. Eine Aktualisierung und Weiterentwicklung brächte ein mächtiges Autorensystem in die deutsche IF-Szene ein und könnte möglicherweise auch Z-Code sprechen.

Insgesamt ist Mondbasis Palindrom II ein handwerklich herausragendes, aber etwas kurz geratenes One-Room-Game. Alle Rätsel sind fair und führen auch Einsteiger nach etwas Herumprobieren und aufmerksamer Interpretation der Texte zur Lösung. Die Spielidee leidet etwas unter dem unfertigen Charakter des Spiels, was aber hoffen lässt, eines Tages die gesamte Geschichte zu erhalten.

Gesamtwertung: 2,3

Hinweis zur Nutzung von T.A.M.:
Erste Regung des Spiels dürfte auf aktuellen 64-Bit-Windowssystemen eine Meldung sein, die Datei sei mit der ausgeführten Windows-Version nicht kompatibel. Die benötigte  Text Adventure Maschine TAM für DOS läuft jedoch problemlos in vielen DOS-Emulatoren wie beispielsweise in der kostenlosen  DOS-BOX. Dort muss lediglich das Verzeichnis mit dem TAM-Executable und dem Spiel gemountet werden, z.B. »MOUNT E: D:Spiel«. Alternativ kann Microsofts ebenfalls kostenlose XP-Virtualisierung » Virtual PC« vewendet werden, die unter Windows 7 und Vista im 32-Bit-Modus läuft. Am einfachsten für Windows-User ist freilich der Versuch, die Beta-Version von  WinTAM zu benutzen.

Zuletzt geändert am 22.04.2010 21:45 Uhr.

Mondbasis Palindrom II
T.A.G.
Mondbasis Palindrom II
T.A.G.
Mondbasis Palindrom II
T.A.G.