de Das Schwert der Macht (04/2015)

Multiple Choice-Textadventure ★★★★☆☆☆☆☆☆   [?]
von Freya
Publisher:keine

Während Rogar der Schreckliche von einer Schlacht zurückkehrt, lässt er die Gedanken durch sein Leben schweifen. Beitrag zum IF Grand Prix 2015, der den vierten Platz belegte und nur online verfügbar ist.

Review von proc 02.05.2015

Plattformen:Online, HTML/JavaScript
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» Genres » Fantasy » mittelalterlich
» Spieler-Charaktere » Krieger
» Deutschsprachige Wettbewerbe und Projekte » Grand Prix » IF Grand Prix 2015

Review von proc 02.05.2015     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Das Spiel beginnt mit einer RPG-artigen Abfrage etwa über sexuelle Neigungen oder das Jahreseinkommen und setzt in einem nicht weniger persiflierenden Twine-Feeling mit Kleinschreibung von Nomen, bunt angemalten Wörtern, zusammengewürfelten Textauszeichnungen und Popuplinks fort, deren kreative Neologismen irgendwo zwischen »coregatablig« und »discovolantiv« liegen. Kurzum: Roland der Schreckliche, so etwas wie ein Wikinger, zieht von einer Schlacht nach Hause, kann dabei auf ein »menstruatives Monster« treffen, kämpfen, verhandeln, fliehen, das Blut im Bach abwaschen, doch es nützt alles nichts: Irgendwann muss er seine Gedanken schweifen lassen.*)

Da beginnt der Kern der Geschichte, über den alle Fäden führen wenn man sich nicht gerade vom Menstruationsmonster killen lässt. Sieben Erinnerungen lang (neun um genau zu sein, bei einer fehlt der Text und eine ist mit einer anderen identisch) quält sich der Schreckliche durch sein Innenleben. Und das wird – zumindest in Kategorien eines maskulinen Fantasy-Heldendramas – ordentlich zersetzt. Da macht er sich Gedanken über Familien, die er tötend zerriss, über Liebschaften, die er verstieß, über sein widersinniges Nicht-Familienleben oder über die übermächtige Vaterfigur, die ihn in seine Träume verfolgt. Bei der Erinnerung an seine »weibliche« Seite des ästhetischen Schaffens, des gegenseitigen Zuhörens und Verständnisses, fängt der Schreckliche gar zu heulen an. Ein Antiheld, soviel ist sicher, die Inhalte der Erinnerungen haben ein berührendes Potenzial und arbeiten gegen alle zu erwartenden Fantasy-Gemetzel.

Die Geschichte selbst ist technischen Gemetzeln ausgesetzt und wird beispielsweise immer wieder von Popups einer Sprecherin mit Vorwürfen unterbrochen, sich rüpelhaft zu verhalten und gar nicht richtig zu lesen, sondern nur wild herumzuklicken. Die Sprecherin dürfte »Freya JavaScript« heißen und ließe sich über Browsereinstellungen verbannen, der Kern des Spiels würde inhaltlich nicht darunter leiden. Wohl aber die Satire, Frau Javascript drückt einem genau an den Stellen ihre Kommentare auf den Bildschirm, in denen es um innere Befindlichkeiten des Helden geht. Sie beschimpft und verhöhnt diejenigen regelrecht, die sich mit ihm identifizieren sollen.

Da steckt für meinen Geschmack eine Spur zu viel Satire drin, die auf einer stärker erzählerischen Ebenene eine größere Wirkung erzeugen könnte, die Rückerinnerungen fand ich aber regelrecht erdrückend. Sie ziehen diesen Fantasy-Männlichkeitswahn in kontemplative Bahnen und tragen für mich schon psychoanalytische Züge. Davon etwas mehr, dafür weniger technisch-satirische Nerverei, dann würde mir das Spiel richtig gut gefallen. Als ein als Satire getarntes Fantasy-Antimanifest hält die innere Erscheinungsform in dieser Geschichte mehr als seine äußere zu versprechen suggeriert. Was sich eingangs als schräge Satire verkauft, erweist sich für mich gerade wegen seiner Kürze, Linearität und damit Klarheit als Spielerbeschimpfungs-Manifest.

*) EDIT 03.05.2015: Es gibt doch einen Weg durch das Spiel, ohne die Gedanken schweifen zu lassen!

Zuletzt geändert am 03.05.2015 17:43 Uhr.

Das Schwert der Macht
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