en Dr. Kong in: Plan DSDS from practice space (The Volxvergnuegen Adventure) (05/2011)

Dr. Kong sucht Partyspaß in einer, nein, in DER Münchner Technodisco und deckt dabei eine sinistere Verschwörung auf. Nebenbei können die »Volxvergnügen«-Veranstalter kennengelernt werden, die am 7. Mai 2011  »Jump in Prosa, Text and Run« organisierten: Eine Interactive Fiction-Veranstaltung mit einem Live-Interview mit Jascon Scott und public Gaming. Dieses eigens dafür entwickelte Spiel wurde dabei uraufgeführt.

Dr. Kong-Saga:
Teil 1 - Dr. Kong in: Plan DSDS from practice space
Teil 2 - Dr. Kong in: Exploding Poodle Inevitable

Review von proc 14.10.2011

Plattform:Glulx
Downloadlinks:
Weblinks:

» Genres » Horror » Zombies
» Genres » Real Life » Nachtleben

Review von proc 14.10.2011     ausblenden

Dieser Beitrag enthält Spoiler, die den Spielspaß verderben. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte nicht weiterlesen.

Was waren das für bewegte Zeiten, als Jason Scotts IF-Filmdokumentation »GET LAMP« und Aaron Reeds Inform 7-Buch erschienen und im Frühjahr 2011 die zweite Bostoner Pax East-Messe stattfand – da fühlte sich die Münchner Interactive Fiction-Veranstaltung  „Jump in Prosa, Text and Run“ am 7. Mai 2011 wie das fehlende if-Tüpfelchen an. Kurzfristig kündigte sich auch noch ein ZDF-Team an, dessen  Siebenminüter über IF am 17. Juni 2011 ausgestrahlt wurde (dort der Schlussbeitrag ab Sendeminute 22:50).

Michael Baltes nutzte diese Gelegenheit und organisierte im Vorfeld dieser  »volxvergnuegen«-Veranstaltung ein  „German IF Startup Meeting MUC 2011“, an dem neben Pax East-Besucher Marius Müller und Oliver Ullmann, viertplatzierter der IF-Comp 2009, auch das ifwizz-Team teilnahm. Neben Fachdiskussionen, Bild- und Videoeindrücken aus Boston und einem Mariel 2.0-Härtetest stand auch der Betatest dieses ersten Dr. Kong-Spiel auf dem Programm, dessen gemeinschaftliche Politur über einen Beamer eine interessante Arbeitsweise auftat.

Dieses englischsprachige Spiel dreht sich um diese Veranstaltung, auf der es öffentlich durch Zuruf gespielt wurde. Ein Riesenspaß, in witzigen Szenen die (auch geheimen) Räumlichkeiten und die Leute kennenzulernen, die diesem Münchner Kulturverein sein Gesicht geben. Doch für jeden ist etwas dabei, man kann eine Verschwörung aufdecken, einen Facebook-Kontakt befreien und die Weltherrschaft der (DSDS-)Zombies verhindern.

Hier beginnen die Spoiler...

Aber von vorn: Mein Name ist Kong, Dr. Kong. Ich habe heute keinen Bock mehr auf den lästigen Alltag und will nur noch ein paar Bässe und Bier. Also rein ins Volxvergnuegen dieser Münchner Technodisco. Seltsame Personen wie eine Frau im Adidas-Anzug, ein Briefträger mit Sombrero oder ein Pirat mit Papagei bevölkern diese Welt, die in diesem „award-losing text adventure“ (Back-Cover) nicht selten durch Vokabelraten zu ergründen ist. Eric Eves Exit Lister hilft beim Navigieren durch die überschaubaren Räumlichkeiten und hebt unerforschte respektive erst später erforschbare Locations hervor. Das HELP-Menü und die mitgelieferte  „Play Bad IF Card“ geben einige Hinweise über die Aktionsmöglichkeiten. Ich habe noch nie ein deutschsprachiges Spiel mit so vielen  Feelies gesehen, die auch in einer limitierten  Verkaufsversion zum volxüblichen Eintrittspreis von vier Euro auf CD zu haben sind.

Drinnen lassen sich zunächst überschaubare Locations wie Bar, Klo oder Tanzfläche erkunden, einige weitere wecken mein Interesse weil ich nicht reingelassen werde oder sie verschlossen sind. Eine bizarre Welt, in der ich mit geschätzten 10 NPCs reden kann, Zig Objekte erkunden und manchmal vor Lachen auf dem Boden liege. Nach und nach tropft Blut in die Texte, das etwa auf einer Wunde hinter einer sexy halbtransparenten Bluse schimmert oder auf die Tanzfläche perlt und sich in einem sich selbst verstümmelnden Piraten oder einer Blut nuckelnden Frau steigert, bis schließlich auch Leute mit herabhängendem Fleischfetzen aufscheinen. Einige Tode UNDOne wähne ich mich also auf einer Zombieparty und werde herumirrend immer wieder auf Facebook angesprochen – die einzige App, die mein Smartphone besitzt. Wie im realen Leben (bei mir zumindest) kriege ich aber nicht heraus, wie man sie aktiviert und habe daher nachbetrachtend einen Teil der Story verpasst. Man kommt eben auch ohne Facebook durch.

Eine Droge verändert diese Realität und ich finde mich in denselben Räumlichkeiten, nun aber während der IF-Veranstaltung vom 7. Mai wieder. Jason Scott skypt vor dem Publikum, die Laptops stehen zum Spielen bereit, aus den Zombies werden wiedererkennbare Personen. Ich fand es eine tolle Idee, die Beteiligten über eine solche Parallelwelt für die öffentliche Präsentation zu charakterisieren und bin nun gespannt auf das Finale. Tatsächlich tut sich nach einem weiteren Rätsel eine okkulte Kellerwelt auf, die sich schließlich als Black Metal-Proberaum einer Band entpuppt, die für DSDS übt und Pläne schmiedet, Zombies zur Abstimmung einzusetzen. In einem (deutschsprachigen) Tagebuch laufen dann wortreich alle Fäden zusammen, einige zuvor gefundene Gegenstände wie eine CD Best of Dieter Bohlen („YOU DO NOT WANT THIS!“) erhalten plötzlich einen Sinn. Und ich finde endlich eine Flasche Augustiner, nach der ich in der Disco so verzweifelt gefahndet hatte.

Im Finale eben auch den hilferufenden Facebook-Kontakt „mandy95“, um die sich der detektivische Plot dieses Zombie-Slice-of-Life-Krimis dreht: Ich kann sie befreien und habe die Welt vor dem drohenden Untergang bewahrt. Eine Botschaft in einem aufgegessenen Glückskeks kündigt auch schon das nächste Abenteuer an: “Help! I'm locked in a fortune cookie factory! Help me, Dr. Kong!” To be continued...

Die Geschichte hatte für Teilnehmer der Veranstaltung viele wiedererkennbaren Elemente, sie macht mit den wilden Charakteren und den vielen witzigen Einlagen aber auch ohne dieses Wissen Spaß. Ärgerlich ist nur die aufs Notwendigste reduzierte Implementierung, die der kurzen Entstehungszeit geschuldet ist – ich bin jedenfalls regelmäßig am Vokabelraten verzweifelt, bis es dann nach ein paar Runden doch irgendwie klappt. Ein paar Implementierungsfehler scheinen noch enthalten zu sein, so komme ich beim ersten Spielversuch zu Beginn in den Vorraum, erhalte jedoch keinen Einlass weil keine Person mehr anwesend ist. Raus komme ich auch nicht mehr, der rausgeschmissene „Okin Cznupolowsky, the world's best solo musician“ versperrt mir jetzt schon den Weg, obwohl dies erst nach dem Einlass passieren sollte. Man sollte beim Spielen wohl nicht zu vandalistisch vorgehen und etwa alles Mögliche aufzuessen versuchen. Mit dem XYZZY stimmte möglicherweise auch etwas nicht, in meiner Spielsituation bekam ich an einer Stelle ein „Hm...it doesn't seem to work...yet....“, ansonsten nur noch die Standardmeldung aus der Vorrunde. Ich konnte den Magic Spell jedenfalls nicht mehr einsetzen und kam dennoch weiter, was sich am Ende ähnlich der Facebook-App als fehlende Perle in der Erzählkette erwies. Kritisieren könnte man auch einige für die öffentliche Vorführung zu lang geratene Texte wie das Bildschirmseiten füllende Tagebuch oder das Halbwelt preisende  Morgendämmerungs-Gedicht aus Beaudelaires Blumen des Bösen in englischer Sprache, das dem Publikum tatsächlich auch vorgelesen wurde. Die acht Bildschirmseiten beim Essen der  42 jelly sweets zählen nicht dazu: Der Fünfzeiler wird einfach zweiundvierzig Mal ausgegeben. Also nicht zu gierig sein!

Von solchen Dingen abgesehen, hat mir das Spiel mit seiner Disco- und Zombiestimmung, der mysteriösen Handlung und dem witzigen Finale gut gefallen, ich habe bestimmt drei Stunden damit verbracht und möchte die versäumten Storyfragmente nachholen. Auf die Fortsetzung in der Glückskeksfabrik freue ich mich schon!

Zuletzt geändert am 15.10.2011 17:47 Uhr.

Dr. Kong in: Plan DSDS from practice space (The Volxvergnuegen Adventure)
Cover-Artwork
Dr. Kong in: Plan DSDS from practice space (The Volxvergnuegen Adventure)
»Painted Map«
Dr. Kong in: Plan DSDS from practice space (The Volxvergnuegen Adventure)
»Play Bad IF Card«
Dr. Kong in: Plan DSDS from practice space (The Volxvergnuegen Adventure)
Feelie »Mandragora«
Dr. Kong in: Plan DSDS from practice space (The Volxvergnuegen Adventure)
»What frustrated testers had to say«
Dr. Kong in: Plan DSDS from practice space (The Volxvergnuegen Adventure)
Back cover